Das Reich der Schwächlinge

Irgendwo in unserem Augenwinkel gibt es eine Schattenwelt, ein bißchen blinzeln und schon ist sie wieder verschwunden. Aber mit ein wenig Glück blicken wir in das Parallel-Universum: das Reich der Schwächlinge.

Tapfer versucht jeder sich hier anzuhalten, auch wenn nicht immer alles das ist, was es zu sein scheint. Aufgeweckte Arbeitstiere, ungeachtet ihrer Gebrechen, ihr Schicksal verhätschelnd, besiedeln diese Zone. Und sie überleben dort glorreich.

Arno van der Heyden schrieb zur Eröffnung des Außenstandortes Eelde:

Das Reich der Schwächlinge

-bezugnehmend auf die Gemälde von Olga Wiese-

Der Lahme hilft dem Blinden in Anbetracht seines Mangels,
der Blinde wiederum beruhigt den wildgewordenen Verrückten,
der zum Tauben schreit in Worten und Gebärden,
der Taube hört mit seinen Augen und so verstehen sie einander,
und ich, ich fühle mich glücklich, wenn ich zu den Trotteln schaue,
denn im Reich der Schwächlinge sind wir alle gleich,
im Reich der Schwächlinge sind wir alle gleich.

Der Stotterer stottert sich seinen Weg durch sein Dasein,
der Dumme hört sich dies schweigend mit angemessenen Respekt an,
und unterstützt ihn harmonisch auf seiner Mundharmonika,
sodass sogar ich, der Gestörteste hier, es auch verstehe
und so fühle ich mich glücklich, wenn ich zu den Trotteln schaue,
denn im Reich der Schwächlinge sind wir alle gleich.

Irgendwo in meinem Augenwinkel sehe ich eine Schattenwelt,
das Parallel-Universum des Schwächlings,
das aufgeweckte Arbeitstier,
er verhätschelt wahrhaft sein Schicksal,
tapfer hält er sich an
und überwindet glorreich.

Manchmal, wenn ich Lust habe, dann weiche ich aus zu diesem Ort,
und dann sehe ich, wie sie zu mir schauen mit diesem Blick „der ist verrückt“,
denn sie wissen genau, dass ich sie nach einer Weile wieder verlassen
und zurück gehen werde in mein eigenes Reich, wo alles anders ist
bis ich es dort nicht mehr aushalte und wieder aus meinem Augenwinkel schaue
in das Reich der Schwächlinge, denn dort ist jeder gleich,
im Reich der Schwächlinge sind wir alle gleich,
im Reich der Schwächlinge sind wir, Schwächlinge, stinkend reich.